Mai 2025 | PLOS One | RECOVER Initiative
Erhöhtes Risiko für Autoimmunerkrankungen insbesondere nach schwerer COVID-19-Erkrankung
Forscherinnen und Forscher der RECOVER Initiative haben den Zusammenhang zwischen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und dem Auftreten von Autoimmunerkrankungen untersucht. Bei Autoimmunerkrankungen richtet sich das Abwehrsystem gegen körpereigene Zellen oder Gewebe. Die Forschenden haben Gesundheitsdaten aus verschiedenen Datenbanken von über zwei Millionen Menschen ausgewertet, die nachweislich mit dem Coronavirus infiziert waren. Sie haben untersucht, ob in einem Zeitraum von zwei Jahren nach der Infektion Autoimmunerkrankungen neu aufgetreten sind. Dabei wurde insbesondere berücksichtigt, wie schwer die COVID-19-Erkrankung zuvor verlaufen war.
Die Ergebnisse zeigen: Nach einer Ansteckung mit dem Coronavirus traten häufiger Autoimmunerkrankungen auf. Das galt insbesondere für Menschen, die schwer an COVID-19 erkrankten.
Zu den beobachteten Autoimmunerkrankungen zählten unter anderem autoimmune Schilddrüsenerkrankungen, insbesondere die sogenannte Hashimoto-Thyreoiditis. Bei dieser Erkrankung richtet sich das Abwehrsystem des Körpers gegen das eigene Schilddrüsengewebe. Dies kann langfristig zu einer Unterfunktion der Schilddrüse mit Beschwerden wie Müdigkeit, Gewichtszunahme und Verstopfung führen.
Weiterhin traten bei Personen mit einer schweren COVID-19-Erkrankung später häufiger eine Schuppenflechte und damit verbundene Gelenkbeschwerden auf. Die Schuppenflechte (Psoriasis) ist eine entzündliche Hauterkrankung. Das Abwehrsystem verursacht dabei eine übermäßige Zellneubildung, wodurch schuppige und gerötete Hautstellen entstehen. Bei einigen Betroffenen treten auch schmerzhafte Gelenkentzündungen auf (Psoriasis-Arthritis).
Nach einer schweren COVID-19-Erkrankung traten außerdem häufiger chronisch-entzündliche Darmerkrankungen auf. Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa führen zu wiederkehrenden Entzündungen im Darm, die Bauchschmerzen, Durchfall und Gewichtsverlust verursachen können.
Bei den untersuchten Kindern fiel auf, dass insbesondere nach schweren COVID-19-Erkrankungen häufiger ein Typ-1-Diabetes neu festgestellt wurde. Diese Form des Diabetes entsteht, wenn das Abwehrsystem des Körpers sich gegen die Zellen in der Bauchspeicheldrüse richtet, die normalerweise den Botenstoff Insulin produzieren. In der Folge kann der Körper den Zuckergehalt im Blut nicht mehr ausreichend regulieren.
Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass bei Personen mit einem schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung im Vergleich zu Menschen mit mildem Krankheitsverlauf ein erhöhtes Risiko für neu auftretende Autoimmunerkrankungen besteht. Ärztinnen und Ärzte sollten daher in der Betreuung von Patientinnen und Patienten nach einer COVID-19-Erkrankung bei entsprechenden Symptomen auch an mögliche Autoimmunerkrankungen denken – insbesondere nach schweren Verläufen.
PLOS One
PLOS One ist eine Online-Fachzeitschrift der Public Library of Science (PLOS), die Forschung aus zahlreichen wissenschaftlichen Disziplinen veröffentlicht. Alle Artikel sind frei zugänglich. Ziel von PLOS One ist es, Wissenschaft schnell, transparent und für eine breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
RECOVER Initiative
Die RECOVER Initiative wurde von den National Institutes of Health (NIH) in den USA ins Leben gerufen. Es handelt sich um ein nationales Forschungsprogramm mit dem Ziel, Long COVID besser zu verstehen, vorzubeugen und zu behandeln.